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Mittwoch, 14. November 2012

Machtspielchen

An diesem Morgen kurz vor 12 Uhr mittags, trat Xi Jinping vor die Presse und beendete das Rätrselraten um die neue Führungsriege der Kommunistischen Partei Chinas. Gefolgt von den sechs neu gewählten Mitgliedern des "Ständigen Ausschusses" trat er in die Grosse Halle des Volkes ein, um den wartenden Journalisten die Ergenisse der Wahl zu verkünden. Auf Xi Jinping folgte Li Keqiang, der Nachfolger Wen Jiabaos und fünf weiteren Abgeordneten, was bedeutet, dass die Mitgliederanzahl des "Ständigen Ausschusses" von neun auf sieben reduziert wurde.

Nacheinander traten ein:
Zhang Dejiang, der bisherige Vize-Premierminister hatte Bo Xilai im März 2012 in Chongqing als lokalen Parteichef abgelöste. Er ist ein Experte für Nord Korea, wo er 2 Jahre lang studierte und gilt als Protegé Jiang Zemins.
Gefolgt wurde er von Yu Zhengsheng, dem ehemaligen Parteisekretär von Shanghai. Auch er ist ein Schützling Jiangs und gilt als sehr konservativ. 2007 hatte er Xi Jinping als Parteichefs Shanghai abelöst. Er wird in 5 Jahren nicht wieder als Kandidat für den Ausschuss antreten koennen, da er das festgelegte Rentenalter von 68 Jahren ueberschritten haben wird.
Liu Yunshan, der anschließend eintrat, ist der Direktor der Propagandaabteilung der Partei und damit fur die Medien und dessen Zensur zuständig. Auch er gilt als konservativ aber als ein Protegé Hu Jintaos.
Wang Qishan, Vize-Premierminister, war jahrelang als Chefunterhändler zuständig für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den USA. Während den Olympischen Spielen war er Bürgermeister in Beijing. Wie Yu Zhengsheng wird er nach 5 Jahren aus dem Ausschuss ausscheiden, da er zu alt sein wird. Im Gegensatz zu den bereits genannten gilt er als liberal.
Als letzter trat Zhang Gaoli in den Saal ein. Zhao, der Parteivorsitzende von Tianjin, gilt wie auch Zhang Dejiang und Yu Zhengsheng als ein Günstling Jiang Zemins.

Drei der sieben Mitglieder des Ständigen Ausschusses gelten damit als Protegés Jiang Zemins, der 2002 als Parteichef abgelöst wurde, was eine sehr unausgewogene Mischung bedeutet.
Nur einer konnte das Machtspielchen gewinnen: Jiang Zemin oder Hu Jintao. Viele Chinaexperten sprechen von einer in zwei Fraktionen gespalteten Partei. Auf der einen Seite, die "Shanghaier Clique", die sich aus Schützlingen und der Folgschaft Jiang Zemins zusammensetzt und einen sehr konservativen Ruf hat. Hu Jintao steht an der Spitze der anderen Koalition, deren Zentrum die "Kommunstische Jugend Liga" ist. Die neue Aufstelleung bedeutet, dass Jiang sich durchsetzen konnte.

Was bedeutet diese Aufstellung aber nun für die politische Richtung Chinas? Der Ständige Ausschuss ist konservativ geprägt und nicht, wie viele noch vor ein paar Wochen hofften, liberaler als vorher angehaucht. Weder Wang Yang, der jetzige Parteichef Guangdongs, noch die einzige Frau Liu  Yandong, die als Kandidatin im Gespäch war, haben einen Sitz erhalten. Es ist eine vorsichtige Entscheidung, die nicht erwarten lässt, dass es zu radiakalen Veränderungen und tiefen Reformen kommen wird. Die Aufstellung klingt definitiv nicht nach grossen Veränderungen.
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Hu Jintao wirkte Xi Jinping jedoch erfreulich entspannt. Er lächelte viel, wirkte selbstsicher und gar nicht steif. Und, das betonte meine Kollegin, Xin habe eine sehr angenehme Stimme, die rein gar nicht nach bedrohlicher Propagandastimme klänge.



http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-china-20322288


Xi leads top leadership to meet press
[Photo/Xinhua]

Nebenbei

Eigentlich gibt es heute wichtigere Neugkeiten, denn um 11 Uhr chinesischer Zeit sollen die neu gewaehlten Mitglieder des Staendigen Ausschusses der Presse vorgestellt werden.
Aber vielleicht auch interessant zu erwahnen ist, dass laut dem Shanghaier Gesundheitsministerium 40 Prozent der Shanghaier Bevoelkerung uebergewichtig oder gar adipos sind, wobei die BMI Messlinie in China aufgrund der genetischen Unterschiede zu Europaeern heruntergesetzt wurde. Als uebergewichtig werden in China diejenigen eingeschaetzt, die einen BMI ueber 24 aufweisen oder als adipos mit einem BMI ueber 28. Die "China Daily" (14.11.2012) spricht gar von einer "obesity epidemic". Nun moechte die Shanghaier Lokalregierung dagegen angehen und organisiert einen Wettbewerb, um die Bevoelkerung anzutreiben abzunehmen. Shanghaier, die erfolgreich 3 Kilogramm abnehmen, wird ein Preisgeld bis zu 2000 Yuan ($321) versprochen.

Montag, 12. November 2012

BeiShang









Shanghai und Beijing sind ein wenig wie München und Berlin. In München ist es zwar wärmer, aber Berlin taugt mir doch mehr.


nichts

"Die eigentliche kreative Leistung des Gehirns besteht darin, permanent eine informatische Müllbeseitigung vorzunehmen. Es wird in unseren Köpfen sehr viel Sinnloses erzeugt. Wenn die Beseitigung dieses Datenmülls nicht richtig funktioniert, führt das zu Störungen – etwa der Schizophrenie. Durch den kreativen Prozess entsteht nur das, was eine Möglichkeit hat, sich in dieser Welt zu bestätigen."
(http://www.welt.de/wissenschaft/article110854609/Multitasking-ist-die-Vernichtung-von-Kreativitaet.html?wtmc=google.editorspick?wtmc%3Dgoogle.editorspick&google_editors_picks=true)


Sonntag, 11. November 2012


Nur wenige Meterabseits vom Weg - und ich entschwinde vollkommen dem Trubel auf den Strassen. Als ich mit kleinen Schritten durch das Tor trete, stehe ich in einem der Vorgärten und die Bambushecke ist wie eine dicke Mauer, hinter der mir die Hektik der Straße nichts mehr antun kann. Ich finde ein altes Schaukelpferd auf das ich gerade noch hinaufpasse und wippe vor mich hin.

Mein Freund hat einen kleinen Laden in der Changle Lu. Von seiner Außentreppe, die in den ersten Stock des hübschen Reihenhäuschen führt, kann ich die vorbeispatzierenden Passanten beobachten,die neugierig durch die Gitterstäbe des Zaunes spähen. Was sich hier befindet? Junge Leute - eher die mit Überlegung gekleideten - treten ein, andere gehen achtlos weiter. Im Vorgarten stehen Kleiderstange neben Fahrrad, Schaukelpferd neben Skluptur. Eine Gitarre ist in aufeinandergestapelten Holzboxen vergessen worden. Leere und weniger leere Flaschen sind neben mir auf den Treppenstufen aufgereiht und verbreiten süßlichen Alkoholdunst.

Im Laden dagegen ist alles fein säuberlich angeordnet. Ich öffne die Tür nur einen kleinen Spalt und bitte um Ruhe. Die Kleidung ist reinlich und duftet. Die Musikplatten und Magazine sind penibel gestapelt und exakt parallel zu den Regalkanten ausgerichtet. Eine Lavendelwolke hüllt mich ein und reinigt mich von Dreck und Abgasen der Shanghaier Strasse.
Und ich glaube, es weht kein Wind mehr. Die Motorroller, die sonst unablässig über die Strasse zischen, die Autos, die donnernd vorbeiziehen, sind ganz stehen geblieben. Es sind genau diese kleinen ruhigen Pausen zwischen Allem und Nichts, in denen sich mein Kopf für einen Moment vom Genick lösen kann und es keine Rolle spielt, ob ich in Shanghai oder Berlin bin.